Geschlechtliche Vielfalt in der Istanbul-Konvention

Die Benennung eines dritten Geschlechts findet in der Istanbul-Konvention nicht statt. Deutschland sieht diese Personengruppe dennoch erfasst. Wie wird das begründet?

Die Benennung eines dritten Geschlechts findet in der Istanbul-Konvention nicht statt. Deutschland sieht diese Personengruppe dennoch erfasst. Wie wird das begründet?

Die Konvention bezieht sich durchweg binär auf Frauen und Männer. Unter Geschlecht werden in der Konvention „die gesellschaftlich geprägten Rollen, Verhaltensweisen, Tätigkeiten und Merkmale, die eine bestimmte Gesellschaft als für Frauen und Männer angemessen ansieht“ verstanden. Es stellt sich die Frage, inwieweit sie auch die Schutzbedarfe von Menschen berücksichtigt, die nicht in diese Binarität passen.

Am 17.01.2019 stellte die Bundestagsfraktion DIE LINKE eine kleine Anfrage zu genau diesem Thema an die Bundesregierung: „Fallen nach Ansicht der Bundesregierung neben heterosexuellen, lesbischen oder bisexuellen Frauen und Mädchen, deren Geschlechtsidentität mit dem weiblichen biologischen Geschlecht übereinstimmt, sowie Transfrauen und Transmädchen auch intersexuelle Menschen in den Anwendungsbereich der Konvention (vgl. Artikel 3)?“.

Die Bundesregierung antwortet am 15.02.2019 darauf: „Darüber hinaus werden die Vertragsparteien ermutigt, dieses Übereinkommen auf alle Personen, die Opfer häuslicher Gewalt sind, auch unabhängig von deren Geschlecht, anzuwenden. […] In Artikel 3 Buchstabe e ist festgelegt, dass der Begriff „Opfer“ im Sinne der Konvention eine natürliche Person bezeichnet; folglich sind grundsätzlich auch intergeschlechtliche Personen vom Anwendungsbereich der Konvention erfasst. Die Durchführung des Übereinkommens ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des biologischen oder sozialen Geschlechts, der sexuellen Ausrichtung oder der Geschlechtsidentität sicherzustellen. Dabei gelten besondere Maßnahmen zur Verhütung von geschlechtsspezifischer Gewalt und zum Schutz von Frauen vor solcher Gewalt nicht als Diskriminierung im Sinne dieses Übereinkommens (vgl. Artikel 4 Absatz 1, 3 und 4 der Konvention).“

Eine Ermutigung hat nicht die Qualität einer Verpflichtung. Auch sind bisher kaum Daten zur Gewaltbetroffenheit von intergeschlechtlichen Menschen erhoben worden, dementsprechend liegen wenig Erkenntnisse über die spezifischen Bedarfe dieser Personengruppe vor. So kann die Auslegung der Istanbul-Konvention für intergeschlechtliche Menschen nur ein Anfang sein.

Wir fordern:

Menschen jeden Geschlechts müssen vor Gewalt im Sinne der Konvention geschützt werden!

Weitere Informationen

Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKEN vom 17.01.2019 (Drucksache 19/7134)

Antwort der Bundesregierung vom 15.02.2019 (Drucksache 19/7816)