Das ist neu! Struktureller Gewaltbegriff

Die Istanbul-Konvention lässt keine Zweifel: Gewalt gegen Frauen wird verübt, weil sie gesellschaftlich schlechter gestellt sind und diskriminiert werden. Warum ist der strukturelle Gewaltbegriff so wichtig?

Die Istanbul-Konvention lässt keine Zweifel: Gewalt gegen Frauen wird verübt, weil sie gesellschaftlich schlechter gestellt sind und diskriminiert werden. Warum ist der strukturelle Gewaltbegriff so wichtig?

Neben umfangreichen staatlichen Verpflichtungen ist es vor allem der strukturelle Gewaltbegriff, der die Konvention so besonders macht: Die Verfassenden betonen in aller Deutlichkeit, dass geschlechtsspezifische Diskriminierung und strukturelle Benachteiligung die Ursache für Gewalt gegen Frauen und Mädchen sind. Diese Auffassung zieht sich von der Präambel an durch alle Artikel und Anmerkungen (z. B. Präambel, Artikel 1, 1b und Artikel 6). Zum Beispiel:

„[…] in Anerkennung der Tatsache, dass die Verwirklichung der rechtlichen und der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern ein wesentliches Element der Verhütung von Gewalt gegen Frauen ist; in Anerkennung der Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen der Ausdruck historisch gewachsener ungleicher Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern ist, die zur Beherrschung und Diskriminierung der Frau durch den Mann und zur Verhinderung der vollständigen Gleichstellung der Frau geführt haben; in Anerkennung der Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen als geschlechtsspezifische Gewalt strukturellen Charakter hat, sowie der Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen einer der entscheidenden sozialen Mechanismen ist, durch den Frauen in eine untergeordnete Position gegenüber Männern gezwungen werden; […]“ (Istanbul-Konvention, Präambel)

Mit diesen Sätzen gelingt es den Vertragsstaaten, feministische Erkenntnisse als Tatsachen zu würdigen und als grundlegend für nationales und internationales politisches Handeln im Kontext Gleichstellung und geschlechtsspezifischer Gewalt festzuschreiben. Damit wird die Relevanz von Gleichstellung in der Öffentlichkeit enorm gesteigert und gewaltbetroffenen Frauen signalisiert, dass sie für die Gewalt nicht verantwortlich sind.

Der Zusammenhang von fehlender Gleichstellung und geschlechtsspezifischer Gewalt ist seit dem 1. Februar 2018 in Deutschland nicht mehr wegzureden.