Ab jetzt wird GREVIO aktiv!

Wie es um Gewaltprävention und -schutz in Europa steht, misst das internationale Gremium GREVIO. Besetzt mit internationalen Expert*innen, nimmt es aktuell den Vertragsstaat Deutschland unter die Lupe. Ein Blick auf den Stand des Verfahrens.

Die Istanbul-Konvention setzt neue Maßstäbe in der Frauenrechtsarbeit. Ob und wie gut sie in den einzelnen Vertragsstaaten umgesetzt wird, überprüft eine Group of Experts on Actions Against Violence Against Women and Domestic Violence, kurz GREVIO. GREVIO ist ein Gremium von 10-15 ehrenamtlichen Expert*innen aus unterschiedlichen europäischen Ländern. Die Expert*innen sind unabhängige und hochqualifizierte Fachleute auf dem Gebiet der Menschenrechte, der Gleichstellung, der Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, des Strafrechts sowie der Unterstützung und des Schutzes von Opfern von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Die Mitglieder werden für eine Amtszeit von vier Jahren von einem Ausschuss der Vertragsstaaten gewählt. Derzeit ist auch eine Mitgliedsfrau aus Deutschland dort vertreten: Oberstaatsanwältin Sabine Kräuter-Stockton.

Das Evaluierungsverfahren von GREVIO erfolgt von Land zu Land und inhaltlich individuell. Das heißt, es gibt am Ende keine vergleichende Analyse der Länder. Der Ablauf des Verfahrens ist aber für alle Länder gleich:

  • Eingeleitet wird das Verfahren damit, dass GREVIO von der Regierung des jeweiligen Landes einen Staatenbericht anfordert. Grundlage des Berichts ist ein umfangreicher Fragebogen von GREVIO, den die Bundesrepublik gemeinsam mit den Bundesländern im Frühjahr 2020 beantwortet hat.
  • Daneben sammelt GREVIO zusätzliche Informationen aus anderen Quellen, wie z.B. von nationalen Menschenrechtsinstitutionen oder Organen des Europarats. Zivilgesellschaftliche Organisationen haben die Möglichkeit, den Staatenbericht mit einem Schattenbericht zu kommentieren, wenn aus ihrer Sicht wichtige Aspekte keine Beachtung gefunden haben. Das können sie einzeln oder als Zusammenschluss mehrerer Organisationen machen. Das bundesweite Bündnis Istanbul-Konvention hat am 18.03.2021 seinen Alternativbericht veröffentlicht.
  • In einem Länderbesuch verschaffen sich die Expert*innen von GREVIO dann einen Eindruck vor Ort. Sie initiieren einen Runden Tisch, führen Interviews mit Angestellten des öffentlichen Dienstes und besuchen Unterstützungseinrichtungen.
  • In einem Abschlussbericht sammelt, bewertet und veröffentlicht GREVIO die so gewonnenen Informationen.
  • An dieser Stelle kommt das Vertragsstaatenkomitee ins Spiel, ein politisches Gremium bestehend aus Regierungsvertreter*innen aller Vertragsstaaten. Sie beschließen auf Grundlage des GREVIO-Berichts Empfehlungen über zu treffende Maßnahmen an den evaluierten Vertragsstaat.
  • Die Empfehlungen werden priorisiert und ihre Umsetzung überwacht. Innerhalb von drei Jahren muss der Vertragsstaat seiner Berichtlegungspflicht nachkommen und deutlich machen, wie er die besonders dringlichen Empfehlungen umgesetzt hat.


Der Europarat verfolgt die Strategie, dass die Vertragsstaaten Gleichstellung und Gewaltschutz als Qualitätsmerkmale anerkennen und sich im Europarat als moderne Demokratien profilieren wollen. GREVIO ist ein Baustein dieser Strategie.

Wir sagen: Welcome GREVIO – ihr seid unser Wegweiser für ein Europa frei von Gewalt gegen Frauen.

Weitere Informationen:

Wie weit die Evaluationsverfahren in den Vertragsstaaten sind, erfahren Sie auf der englischsprachigen Seite des Europarats.
Die deutschsprachige Fassung des kompletten Staatenberichts (347 Seiten) können Sie hier abrufen.
Die Informationen aus dem Länderbericht für Schleswig-Holstein haben wir hier für Sie zusammengestellt.
Den Alternativbericht des Bündnisses Istanbul-Konvention finden Sie hier.