Ab jetzt steht der Bedarf im Fokus
Die Istanbul-Konvention verlangt Hilfe und Prävention nach Bedarf. Inwieweit Frauen in Schleswig-Holstein durch die bestehenden Einrichtungen ausreichend unterstützt und geschützt werden, fragt sich aktuell die Landesregierung.
Die Istanbul-Konvention verlangt Hilfe und Prävention nach Bedarf. Inwieweit Frauen in Schleswig-Holstein durch die bestehenden Einrichtungen ausreichend unterstützt und geschützt werden, fragt sich aktuell die Landesregierung.
Die Frauenfacheinrichtungen erleben täglich die Not gewaltbetroffener Frauen. Nicht immer können sie allen Frauen sofort Schutz bieten oder sie schnellstmöglich beraten, weil es zu wenig Personal gibt. Für einige Frauen und Kinder gibt es bisher noch gar kein Angebot, da beispielsweise keine Frauenhausplätze für Familien mit heranwachsenden Söhnen vorhanden sind.
Wie wir Frauen und Kinder in Schleswig-Holstein umfassender schützen können, soll nun eine Bedarfsanalyse erheben. Das Ministerium für Justiz, Europa, Verbraucherschutz und Gleichstellung hat hierfür das Institut „Zoom - Gesellschaft für prospektive Entwicklungen e.V.“ beauftragt. „Zoom“ hat bereits ähnliche Analysen zum Themenbereich geschlechtsspezifische Gewalt durchgeführt und mit diesen Erfahrungen nicht nur das Ministerium, sondern auch die Frauenfacheinrichtungen von seiner Expertise überzeugt. Ein erstes Kennenlernen fand im Dezember 2019 statt.
Zwei Wissenschaftler*innen beginnen nun, flächendeckend Daten zum ambulanten und stationären Hilfesystem zu erheben. Dazu befragen sie Vertreter*innen sämtlicher Institutionen, die mit gewaltbetroffenen Frauen zu tun haben. Neben Frauenfacheinrichtungen und KIK-Koordinatorinnen sind das beispielsweise die Polizei, Justiz und Ämter.
Auch die Finanzierungsstrukturen sollen gemeinsam mit Landesregierung und den Kommunen erhoben werden. Statistische Daten und Dokumente werden systematisch zusammengetragen und auch (ehemalige) Nutzerinnen des Hilfesystems bekommen die Chance, die Perspektive gewaltbetroffener Frauen einzubringen.
Themen werden unter anderem sein: Wie erfahren gewaltbetroffene Frauen von Hilfsangeboten? Was hindert sie daran, Unterstützung in Anspruch zu nehmen? Wie lange muss eine Frau auf einen Beratungstermin warten? Wie viele Frauen und Kinder können in akuten Gewaltsituationen keine Zuflucht im Frauenhaus finden? Welche Personengruppen werden bisher nicht ausreichend mitberücksichtigt? Im Kern geht es bei all diesen Fragen darum, die von der Istanbul-Konvention vorgeschriebene Bedarfsgerechtigkeit zu bestimmen. Von Seiten des Bundesverbands der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff) und der Zentralen Informationsstelle der autonomen Frauenhäuser (ZIF) ist Bedarfsgerechtigkeit bereits anhand aktueller Zahlen definiert. (Nähere Informationen dazu finden sie hier.) Wir sind zuversichtlich, dass sich die auf die Analyse folgenden Handlungsempfehlungen mit den Standards der Verbände treffen werden.
Der Abschlussbericht soll dem Ministerium Ende Oktober 2020 vorliegen. Wir freuen uns, dann eine gute Argumentationsgrundlage für die Ausgestaltung des Hilfesystems zu haben.