Ab jetzt geht, wer schlägt – und das für bis zu vier Wochen
In Fällen häuslicher Gewalt kann die Polizei eine Wegweisung für die gewalttätige Person aussprechen, um weitere Übergriffe zu verhindern. Die maximale Wegweisungsdauer wurde nun von 14 auf 28 Tage verdoppelt. Warum das wichtig ist, erfahren Sie hier.
In Fällen häuslicher Gewalt kann die Polizei eine Wegweisung für die gewalttätige Person aussprechen, um weitere Übergriffe zu verhindern. Die maximale Wegweisungsdauer wurde nun in Schleswig-Holstein von 14 auf 28 Tage verdoppelt. Warum das wichtig ist, um insbesondere vulnerable Betroffene besser zu schützen, erfahren Sie hier.
3450 Mal musste die Polizei im Jahr 2020 in SH wegen häuslicher Gewalt ausrücken. Wenn die Gewalt durch den Partner so weit eskaliert, ist das eine einschneidende Erfahrung für Frauen und Kinder. Betroffene brauchen häufig einige Zeit, um sich zu stabilisieren, Unterstützung in Anspruch zu nehmen und Entscheidungen zu treffen. Wollen sie sich vom gewalttätigen Partner trennen, gibt es neben der psychischen / emotionalen Herausforderung viel zu organisieren. Es gilt u. a. sich um eine neue Kinderbetreuung zu kümmern, Behördengänge zu erledigen und Anwält*innen zu kontaktieren. Zudem kommen eventuell die medizinische Versorgung, das Sichern von Spuren und eine Anzeigeerstattung bei der Polizei in Betracht.
Damit Betroffene das in Abwesenheit des Täters zu Hause tun können, gibt es die Möglichkeit der polizeilichen Wegweisung (§201a LVwG): Bei Einsätzen wegen häuslicher Gewalt kann die Polizei die gewaltausübende Person anweisen, die Wohnung für eine gewisse Zeit nicht zu betreten. Bisher ging das für maximal 14 Tage, wobei diese in der Regel von der Polizei nicht ausgeschöpft wurden.
Dieser kurze Zeitraum reichte häufig nicht aus, wenn zum Beispiel eine Sprachbarriere zum Beratungsangebot bestand. Betroffene ohne deutsche Staatsangehörigkeit, die als Ehegatt*innen in Deutschland leben, sind de facto mit einer besonders hohen Trennungshürde konfrontiert und müssen Fragen um ihren Aufenthaltsstatus klären. Schwierigkeiten können z. B. auch entstehen, wenn die gewaltausübende Person gleichzeitig die Pflegeperson der betroffenen Person ist oder Gewalt in Wohneinrichtungen verübt wird oder die Bedrohung durch den Täter besonders hoch ist.
Im Zuge der Reform des Landesverwaltungsgesetzes wurde die Wegweisungsdauer nun von 14 auf 28 Tage ausgeweitet und damit eine Verpflichtung aus der Istanbul-Konvention erfüllt. Letztere fasst Wegweisungen unter Artikel 52 „Eilschutzanordnungen“. Sie müssen laut Konvention einen ausreichend langen Zeitraum abdecken, „um den wirksamen Schutz des Opfers zu gewährleisten“ (ergänzender Bericht, Anm. 264).
Jetzt ist es an der Polizei, ihren gewachsenen Ermessensspielraum zu nutzen, um Betroffene von häuslicher Gewalt vor weiteren Übergriffen zu schützen. Zusätzlich zur längeren Wegweisungsdauer hat sie weiterhin die Möglichkeit, der gewalttätigen Person im Rahmen der „vorverlagerten Zuweisung“ die Teilnahme an einem Tätertraining nahezulegen.